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Chicago School
Die University of Chicago Booth School of Business ist eine weltweit führende Wirtschaftshochschule und prägt seit ihrer Gründung 1898 die betriebswirtschaftliche Forschung und Lehre. Als zweitälteste Business School der USA führte sie 1920 das erste Promotionsprogramm in Betriebswirtschaft ein. Chicago Booth verbindet wissenschaftliche Theorie rigoros mit praktischer Anwendung («The Chicago Approach») und betont datenbasierte Analysen sowie interdisziplinäre Forschung.
Zimmer Facts
Frank Knight prägte das Konzept der «Knightianischen Unsicherheit», das zwischen Risiko und Unsicherheit unterscheidet, und argumentierte, dass freie Märkte zwar ineffizient sein können, staatliche Eingriffe jedoch oft noch ineffizienter sind. Henry Simons, ein Schüler Knights, entwickelte antimonopolistische und monetaristische Modelle und war Mitautor des «Chicago Plans», der eine Reform des Bankensystems vorschlug, um Finanzkrisen zu verhindern. Beide betonten die Rolle von Märkten und Institutionen in einer freien Gesellschaft.
Die Universität Chicago hat eine außergewöhnliche Dichte an Nobelpreisträgern im Bereich Wirtschaftswissenschaften. Seit der Einführung des Wirtschaftsnobelpreises im Jahr 1969 wurden insgesamt 34 Nobelpreisträger mit der Universität assoziiert, darunter renommierte Persönlichkeiten wie Milton Friedman, Gary Becker und Eugene Fama. Mit 10 Preisträgern, die direkt mit der Fakultät verbunden sind, führt die Universität weltweit die Liste der Institutionen mit den meisten Wirtschaftsnobelpreisen an.
DasDiamond-Dybvig-Modell erklärt, warum Bankenkrisen entstehen und wie sie vermieden werden können. Banken sammeln kurzfristige Einlagen (z. B. Sparguthaben) und verleihen diese langfristig (z. B. als Kredite für Unternehmen). Normalerweise funktioniert dies gut, da nicht alle Kunden gleichzeitig ihr Geld abheben. Doch bei Gerüchten über Zahlungsunfähigkeit kann eine Massenpanik («Bank Run») ausbrechen: Alle wollen ihr Geld sofort, aber die Bank hat nicht genug liquide Mittel. Das Modell zeigt, dass solche Krisen selbst bei solventen Banken durch irrationale Angst entstehen können. Diese Ideen prägten moderne Bankenregulierung und halfen, Finanzkrisen wie 2008 besser zu bewältigen.
DieEffizienzmarkthypothese (EMH) besagt, dass Marktpreise alle verfügbaren Informationen reflektieren, wodurch es unmöglich ist, den Markt systematisch zu schlagen – weder durch technische noch fundamentale Analysen. Diese Theorie bildet die Grundlage fürpassives Investieren (z. B. Indexfonds) und hat die moderne Portfoliotheorie geprägt. Als Schüler von Milton Friedman verkörpert Fama die Chicagoer Ideale: Rationalität, empirische Tests und Vertrauen in freie Märkte als effizienteste Ressourcenallokation.
Ganz im Gegensatz zu Fama argumentiert Richard Thaler, dass Märkte nicht effizient sind, da psychologische Faktoren und irrationales Verhalten der Anleger systematische Abweichungen von rationalen Entscheidungen verursachen. Seine Forschung zeigt, dasskognitive Verzerrungen (z. B. Überreaktion auf kurzfristige Trends oder Überschätzung eigener Fähigkeiten) zu Preisblasen, Momentum-Effekten und langfristigen Fehlbewertungen führen.
Milton Friedman’s «Plucking-Modell» widerspricht der «natural rate view», die besagt, dass das Ausmass des Aufschwungs das Ausmass der Rezession voraussagt. Sein Modell hingegen besagt, dass Rezessionen nicht von der Grösse des Booms abhängen, sondern hauptsächlich das Ergebnis seltener Ereignisse (z.B. Finanzkrisen) sind. Es verwendet dass Sinnbild der Gitarrensaite, die umso schneller zurückfedert, je stärker sie gezupft wird.
Die Reagan-Administration (1981–1989) setzte die Ideen der Chicago School um: Steuersenkungen (v. a. für Unternehmen), Deregulierung und eine strikte Geldpolitik zur Inflationsbekämpfung. Diese angebotsorientierte Politik («Trickle-Down») sollte Investitionen ankurbeln, führte jedoch zu steigender Staatsverschuldung und sozialer Ungleichheit.
Man stelle sich vor, der Preis einer Aktie entwickelt sich wie ein Münzwurf: In jedem Schritt kann sie entweder steigen oder fallen –ähnlich wie «Kopf oder Zahl». Mit diesem Prinzip berechnet das Binomialmodell den fairen Preis für Finanzprodukte wie Optionen, indem es alle möglichen Preispfade Schritt für Schritt betrachtet und ermittelt, was die Option in jedem Szenario wert wäre. Durchschnittlich ergibt sich daraus einheutiger fairer Preis, wobei Unsicherheiten (wie Risiko) eingepreist werden. So wird komplexe Finanzmathe auf einfache «Entweder-oder»-Entscheidungen reduziert – wie beim Spiel mit einer Münze.
Die «Chicago Boys», chilenische Ökonomen und (mehrheitlich) Abgänger der Chicago School, berieten die Pinochet-Diktatur und setzten radikale neoliberale Reformen durch: Privatisierungen, Deregulierung und Sozialkürzungen. Kritiker sehen darin eine «Schocktherapie», die soziale Ungleichheit verstärkte. Vielfach kritisiert wurde, dass Milton Friedman und die Chicago School die wirtschaftlichen Massnahmen ideologisch unterstützten, obwohl sie mit Menschenrechtsverletzungen der Diktatur einhergingen.
Robert Fogel revolutionierte die Wirtschaftsgeschichte mit seinen «kontraintuitiven Geschichtsanalysen» und erhielt hierfür den Nobelpreis. Er zeigte unter anderem auf, dass die Sklaverei in den Südstaaten wirtschaftlich effizient war. Umstrittener ist seine These, dass Sklaven im Durchschnitt besser behandelt wurden als Arbeiter in den Fabriken im Norden. Ebenso widerlegte er die Annahme, die Eisenbahn habe die US-Wirtschaft revolutioniert – ihr Beitrag zu Transportkostenersparnissen war minimal.
Merton Miller und Franco Modigliani begründeten die «Dividend Irrelevance Theory» und erhielten hierfür 1990 einen Nobelpreis. Ihre Arbeit revolutionierte die Finanzierungstheorie, denn sie zeigten dass unter idealen Bedingungen (keine Steuern und perfekte Märtke) Dividenden Unternehmenswert nicht beeinflussen. Praktisch wird die Theorie oft für eine zu starke Vereinfachung kritisiert, denn Steuern und Marktunvollkommenheiten spielen eine wichtige Rolle.